Rezensionen
An dieser Stelle finden Sie monatliche Rezensionen zu
unseren persönlichen Buchempfehlungen.
Empfehlungen für den Sommer 2022
Lina Jansen: Fräulein Stinnes und die Reise um die Welt
Als Claire Stinnes am 25. Mai 1927 in ihrem Auto von Frankfurt aus aufbricht, die Welt zu umrunden, ahnt sie nicht, was sie erwarten wird. Sie weiß nur, dass sie der Welt, und vor allem ihrer Familie zeigen will, dass auch eine Frau ein derart waghalsiges Abenteuer bestehen kann.
Zusammen mit ihrem Hund, 2 Technikern, einem Fotografen und etwas Proviant und Ersatzteilen macht sie sich auf entlang einer damals sehr gefährlichen Route durch Syrien, über den zugefrorenen Baikalsee, durch die Wüste Gobi und über die Anden, wo sie sich der größten Herausforderung ihres Lebens stellen muss…2 Jahre und 40 000 km dauert diese unglaubliche Reise.
Bei diesem Buch handelt es sich um eine Romanbiografie auf Grundlage der Reisetagebücher der echten Clärenore Stinnes, die diese Reise allen Widerständen zum Trotz und gegen den Willen ihrer Familie selbst geplant organisiert und letztlich erfolgreich durchgeführt hat. Man ist geneigt, der Autorin recht zu geben, wenn sie meint, wäre Clärenore Stinnes ein Mann gewesen, wäre ihr ein prominenterer Platz in den Geschichtsbüchern zugewiesen worden.
Mons Kallentoft: Blut soll euer Zeichen sein
Sie ist nackt und blutet aus unzähligen Schnittwunden. Doch die 15-Jährige kann sich an nichts erinnern. Da geht bei Malin Fors und ihren Kollegen von der Linköpinger Polizei eine Vermisstenanzeige ein: Die 14-jährige Therese ist verschwunden. Einige Tage später wird ihre Leiche gefunden – nackt und mit Schnittwunden übersät. Während Malin noch den Täter jagt, gerät ihre Tochter in tödliche Gefahr.
Detailreich und atmosphärisch dicht lässt einen der Autor Anteil haben am Geschehen, zieht einen von Anfang an in den Bann. Auch die tödliche Gefahr für Frau Fors eigene Tochter baut sich perfide über die Geschichte hinweg auf. Die Beschreibung und die Einblicke in die so ganz private, persönliche Situation der Kommissarin im Hinblick auf ihre Beziehung zu ihrem Ex-Ehemann und zur Tochter Tove machen die Figur emotional wahrnehmbar.
Empfehlungen für den Monat Juni 2022
Julia Mattera: Der Koch, der zu den Möhren und Sternen sprach
Der Gasthof der Geschwister Elsa und Robert Walch im Elsass ist eine Institution. Es ist Sommer und die Touristen kommen von überall her, um in friedvoller Natur Roberts köstliche Landküche zu genießen. Während sich Elsa um die Gäste kümmert, verbringt Robert seine Zeit am liebsten alleine am Herd oder in seinem prächtigen Gemüsegarten. Er erzählt den Karotten Geschichten, singt seinen Hühnern Schlaflieder und ersinnt unter dem Sternenhimmel Rezepte voller Nostalgie. Bis eines Tages die temperamentvolle Maggie aus England eintrifft und ihn zum Tanz auffordert.
Wieder einmal ein Buch über einen Außenseiter, der im Laufe der Erzählung lernt, sich seinen Mitmenschen zu öffnen und ein neues Leben zu beginnen. Der Zauber dieser Geschichte liegt in der Naivität des sympathischen Protagonisten, aber auch in der Naivität der Erzählung an sich. Eine Sommerlektüre für Genießer und Träumer, für die nicht immer alles so kompliziert und schwierig sein muss.
Anthony Doerr: Wolkenkuckucksland
Drei Personen – drei Orte – drei Zeitebenen. Seymour hat es nicht leicht aufgrund seines Autismus und seiner alleinerziehenden Mutter, die ständig von finanziellen Sorgen geplagt ist. Rückzug und Stille findet er in der Natur und in der städtischen Bibliothek. Zeno kehrt nach dem Koreakrieg in dieselbe Stadt zurück, lebt ein einsames Leben und widmet seine Pension der Übersetzung altgriechischer Papyrusschätze in der Bibliothek. Anna wächst als Waisenkind in Konstantinopel auf, lernt durch viel Glück lesen und schreiben träumt von Klosterschätzen auf Papyrus in Urbino, bis sie schließlich vor der Eroberung der Sarazenen fliehen muss.
Anthony Doerr verwebt die drei verschiedenen Erzählstränge kunstvoll immer mehr miteinander, bis sie schließlich zusammenführen. Sein Roman bleibt spannend bis zur letzten Seite und ist tatsächlich, wie es der Klappentext bereits ankündigt, eine Ode und ein Geschenk an alle BibliothekarInnen da draußen.
Empfehlungen für den Monat Mai 2022
Joachim B.Schmidt: Tell
Joachim B. Schmidt greift die Legende um den Schweizer Freiheitskämpfer und Nationalhelden aus dem 14. Jahrhundert neu auf und verfasst damit einen spannenden, historischen Abenteuerroman, der sprachlich wie inhaltlich überzeugt.
Der wortkarge und grobe Wilhelm Tell lebt mit seiner Familie völlig abgeschieden in den Bergen. Der Weg zu seinem Hof, auf dem die Tellen seit Generationen wirtschaften, ist versteckt und unwegsam, sodass kaum jemand die Reise auf sich nimmt. Über der Familie hängt der Tod von Wilhelms Bruder wie ein schwerer Schatten, genauso wie die Armut. Beim Wildern mit seinem Sohn trifft Tell auf den Landvogt und sein Gefolge, dem er fortan ein Dorn im Auge ist. Es kommt schließlich zur legendären Szene, in der Tell als Strafe einen Apfel vom Kopf seines Sohnes schießen muss, und seinem anschließenden Rachefeldzug – Schmidts Roman bietet jedoch weit mehr als das. Absolut lesenswert!
Raynor Winn: Der Salzpfad
Nachdem die 50-jährige Raynor und ihr an einer fortschreitenden Nervenlähmung erkrankter Mann ihre Farm in Wales und alles, was sie sich in 32 Jahren gemeinsam aufgebaut haben, verlieren, machen sie sich nur mit dem Nötigsten ausgerüstet auf den Weg zu einer rund 1 000 km langen Wanderung auf dem längsten und wildesten Küstenpfad Englands, dem South West Coast Path. Sie fassen diesen Entschluss spontan und wandern völlig untrainiert los, mit einem kleinen Zweimannzelt und einem Budget von ca. € 50.- pro Woche von Somerset über Devon und Cornwall nach Dorset, ungewiss wie weit sie es schaffen würden, frei nach dem Motto: Der Weg ist das Ziel.
Wer sich Schilderungen bekannter Touristenorte oder romantische Campingstimmung erwartet ist hier fehl am Platz. Im Vordergrund steht der Kampf gegen die Widrigkeiten des Weges und des Wetters, aber auch der innerliche Kampf um Seelenfrieden und eine neue Perspektive für die gemeinsame Zukunft trotz Armut und Krankheit.
Empfehlungen für den Monat April 2022
Herbert Dutzler: Die Welt war eine Murmel
Siegfried trägt eine dicke Brille, hat einen überaus gesunden Appetit und steckt seine Nase am allerliebsten in Karl-May Bücher. Er wächst in den 60er-Jahren auf, hat gerade die Volksschule beendet und freut sich aufs Gymnasium. Vorher geht es aber noch auf große Fahrt: mit dem Autobus nach Italien! Man schaut durch Siegfrieds wache Kinderaugen zurück in jenes Früher, in dem nicht wirklich alles besser war, aber an das wir uns doch so gerne erinnern.
Eine Reise in die eigenen Kindheitserinnerungen für die Älteren unter uns, die zum Beispiel noch wissen, was ein Vierteltelefon ist und wie exotisch ein Badeurlaub in Italien sein konnte. Herbert Dutzler beschreibt hier seine eigene Kindheit. Sehr persönlich und liebevoll, aber durchaus kritisch nimmt er das Weltbild und das Lebensgefühl dieser Jahre im Vergleich zu heute aufs Korn.
Monika Helfer: Löwenherz
Nach „Die Bagage“ und „Vati“ ist dies nun der dritte Teil der autobiografischen Romanreihe von Monika Helfer. „Löwenherz“ widmet sich der Geschichte ihres jüngeren Bruders Richard, der nach der liebevollen Obsorge seiner Schwestern im Kleinkindalter schließlich alleine bei einer Tante aufwuchs. Richard war ein Sonderling, den niemand recht verstand, und nur in seiner Fantasie und seinen Gemälden fühlte er sich wohl. Mit Anfang Zwanzig lernt er eine junge Frau kennen, die ihn nach kurzer Zeit mit ihrem Kind von einem anderen Mann allein lässt und verschwindet. Richard und sein Hund knüpfen von da an ein enges Familienband mit der kleinen „Putzi“, doch bereits von Beginn an ist klar, dass das Leben für Richard kein Glück vorgesehen hat…
Mit großem Gefühl und Feinsinn brachte Monika Helfer das schwierige Leben ihres Bruders zu Papier und gedenkt ihm gemeinsam mit ihrem Mann in liebevollen Erinnerungen.
Empfehlungen für den Monat März 2022
Florian Illies: Liebe in Zeiten des Hasses
Genau wie sein erstes Buch liest sich Illies neues Sachbuch wie ein Roman. Wir begleiten Persönlichkeiten wie die Familie Mann, Marlene Dietrich, Henry Miller und Alma Mahler-Werfel durch die Jahre 1929 bis 1939 und teilen mit Ihnen ihre starken Gefühle, Freude und Leid.
Jeder kannte jeden in der Kulturszene, und man spürt die starke Verbindungskraft, die Kunst und Literatur zwischen den Menschen herstellten. Wir erleben freie Liebe und große Reisen gemischt mit Ängsten und Vorahnungen am Vorabend des zweiten Weltkriegs. Flüssig und virtuos zeichnet der Autor Portraits aus dieser schönen wie schrecklichen Ära, aus der man nach wie vor Neues dazulernen kann.
J.M.Peace: Die Hatz
Nach einem Streit mit ihrem Lebenspartner verbringt die sechsundzwanzigjährige Samantha Willis den Abend mit einer Freundin. Doch nach dem Besuch in einer Bar wird sie von einem Unbekannten überwältigt, in ein Auto gezerrt und unter Drogen gesetzt. Als sie die Augen aufschlägt, findet sie sich mitten im australischen Busch wieder. Ihr Entführer bietet ihr noch einen Schluck Wasser an, dann macht er Jagd auf sie – wie auch auf andere Frauen zuvor. Eine Jagd auf Leben und Tod! Aber dieses Mal hat sich der Unbekannte das falsche Opfer ausgesucht, denn Sammi ist Polizistin und dreht den Spieß um ...
Dieser Thriller ist das Erstlingswerk der Autorin, die selbst Polizistin ist. Somit ist es eigentlich kein Wunder, dass wir in diesem Thriller viel von der Polizeiarbeit erfahren. Mir hat es sehr gut gefallen, dass wir verschiedene Blickwinkel kennenlernen. So bleibt die Geschichte auch immer spannend, denn sowohl Samanthas Überlebenskampf im Busch als auch die fieberhafte Suche nach ihr sind sehr fesselnd erzählt.
Empfehlungen für den Monat Februar 2022
John Ironmonger: Das Jahr des Dugong
Protagonist Toby Markham ist Inhaber einer Vermögensverwaltungsfirma in London und in seiner Freizeit leidenschaftlicher Tierfotograf. Der reiche Unternehmer ist sich dem Ausmaß des Klimawandels zwar bewusst, aber der Meinung, dass er alleine bzw. gemeinsam mit seiner Firma nichts dagegen tun kann.
Eines Tages wacht er unter großen Schmerzen in einem kahlen Raum auf und weiß nicht, was passiert ist. Die Personen um ihn herum sprechen eine unbekannte Sprache und tragen alle Tiernamen. Zu allem Übel wird Toby schließlich auch noch angeklagt, am Verbrechen der Menschheit schuld zu sein, die den Planeten rücksichtslos zerstört hat, und landet vor Gericht.
Beeindruckend ist abermals die große Gesellschaftskritik, die der Autor in seiner Erzählung übt, da sie wieder einmal bewusst macht, wie es um den Klimawandel und das große Artensterben auf der Erde steht und dass wir alle noch immer zu wenig machen bzw. mehr mobilisieren müssen.
Hazel Prior: Miss Veronica und das Wunder der Pinguine
Die 86-jährige Veronica McCreedy lebt entfremdet von ihrer Familie in einem großen Anwesen in Schottland. In letzter Zeit fragt sich die rüstige Dame oft, was sie noch mit ihrem Leben – und ihrem Vermögen – anfangen soll. Als sie eines Abends im Fernsehen eine Sendung über eine Kolonie bedrohter Adeliepinguine in der Antarktis sieht, ist Veronica zutiefst beeindruckt und fasst einen tollkühnen Plan: Sie wird den Pinguinen einen Besuch abstatten. Und Veronica lässt sich nicht von ihrem Vorhaben abbringen, auch nicht von dem Forscherteam, bei dem sie sich einzuquartieren gedenkt…
Ein warmherziger und feinfühliger Roman, bei dem man sich gerne in die Welt von Veronica mit all ihren Schrullen und Launen hineinziehen lässt. Die Geschichte ist kurzweilig und amüsant, aber auch und vor allem der Blog der Pinguinforscherin, der immer wieder in die Geschichte einfließt, ist sehr interessant und informativ.
Empfehlungen für den Monat Jänner 2022
Arik Brauer: Die Farben meines Lebens
Im Jänner vergangenen Jahres ist Arik Brauer kurz nach seinem 92. Geburtstag verstorben. Der Amalthea Verlag hat nun die Lebenserinnerungen dieses bekannten Malers, Sängers und (in jungen Jahren auch) Tänzers in einer ergänzten Neuauflage herausgegeben.
Erich ist Kind eines jüdischen Emigranten und einer Wienerin. Aus Schule und Jugendbande der bunten Wiener Vorstadt wird er jäh herausgerissen, als die Nazis auch ihn mit dem gelben Stern markieren. Er überlebt die Kriegszeit als Angestellter der jüdischen Kultusgemeinde, zuletzt in einem Versteck.
Mit viel Selbstironie erzählt Brauer in kurzen Texten Erlebnisse aus seinem langen bunten Leben, seiner Zeit in Paris, den vielen Reisen, von Kunst und Künstlerfreunden und vielem mehr. Ein kluges, kritisches, funkelndes Buch voller Überraschungen – mit Sicherheit das Beste, das ich 2021 gelesen habe.
Brad Parks: Ich vernichte dich
Die junge Mutter Melanie Barrick glaubt, endlich ihr Glück im Leben gefunden zu haben. Sie ist glücklich mit ihrem Mann Ben, ihrem Sohn Alex und hat einen guten Job. Doch eines Tages will sie Alex bei der Tagesmutter abholen und muss erfahren, dass das Sozialamt ihn in Obhut genommen hat. In ihrem Haus wurde eine große Menge Kokain gefunden und man wirft ihr den Handel damit vor. Als wenn das für eine junge, noch stillende Mutter nicht schon schlimm genug wäre, ahnt Melanie noch nicht, in welche Mühlen sie da geraten und das Ende noch lange nicht in Sicht ist...
Der Thriller geht direkt spannend los und lässt einen bis zum Ende nicht mehr los. Man muss einfach immer weiter lesen und möchte unbedingt wissen, was mit Melanie passiert und was tatsächlich hinter den Vorwürfen steckt. Brad Parks versteht es Spannung aufzubauen und diese auch bis zum Ende aufrecht zu erhalten. Spannend und hoch emotional von Anfang bis zum Ende - klare Leseemphehlung.
Empfehlungen für den Monat Dezember 2021
Alina Bronsky: Barbara stirbt nicht
Walter Schmidt hat sein Leben lang nie etwas mit der Führung des Haushalts zu tun gehabt. Diese Domäne überließ er – nach einer zu Anfang der Ehe seiner Ansicht nach erforderlichen „Erziehungsphase“– seiner Frau. Doch eines Tages wird Barbara krank und bleibt dauerhaft im Bett.Mit einem Schlag ist Herrn Schmidts penibel aufgebaute Routine dahin und er muss sich neuen Herausforderungen stellen, vom Kaffeekochen bis zum Bloggen im Internet, vom Kuchenbacken bis zur Krankenpflege.
Alina Bronsky erzählt sehr einfühlsam und humorvoll, wie Walter Schmidts eingefahrene Routine plötzlich zerbricht und er plötzlich und gänzlich unfreiwillig zu einem Neuanfang gezwungen wird. Warmherzig und sehr berührend, trotzdem sehr komisch und kurzweilig!
Anne Holt: Ein Grab für Zwei
Selma Falck ist es gewohnt, immer erfolgreich zu sein. Zuerst Leistungssportlerin, dann Top-Anwältin, Ehemann, zwei Kinder, immer im Mittelpunkt, auch bei den Medien. Doch infolge einer Krise sieht sie sich auf einmal an einem persönlichen Tiefpunkt angekommen, aus dem selbst sie keinen Ausweg mehr sieht. Als der reiche Unternehmensberater Jan Morrell ihr ein Angebot macht, kann sie es deshalb nicht abschlagen. Sie soll die Unschuld seiner Tochter beweisen, einer Langläuferin kurz vor den Olympischen Spielen, die sich mit Dopingvorwürfen konfrontiert sieht. Die folgenden Ermittlungen führen Selma nicht nur in ein Netz aus Intrigen und Lügen innerhalb des norwegischen Leistungslanglaufs, sie muss sich auch mit ihrer eigenen Situation auseinandersetzen...
Empfehlungen für den Monat November 2021
Christoph Wortberg: Trauma - Kein Vergessen
Die Münchner Hauptkommissarin Katja Sand und ihr Assistent Rudi Dorfmüller ermitteln im Fall der ermordeten Rentnerin Selma Kiefer. Der Körper der ehemaligen OP-Schwester wurde postmortal grausam verstümmelt. Nach vierzig Ehejahren hat sie sich von ihrem gewalttätigen Ehemann Josef scheiden lassen und ihn wegen Körperverletzung angezeigt. Hat ihr Exmann sie ermordet, um einer drohenden Verurteilung zu entgehen? Katja bittet den Psychoanalytiker Dr. Alexander Hanning um Hilfe. Hanning schließt auf einen Täter mit einem gestörten Verhältnis zu seinem Körper und seiner Sexualität. Seine Analyse führt Katja zu dem kürzlich entlassenen Serienmörder Franz Bichler. Der Mord an Selma Kiefer gleicht bis ins Detail den von ihm verübten Taten. Hat er seine Serie wieder aufgenommen?
Der ehemalige Kinderchirurg Professor Thomas Goldt wird ermordet aufgefunden, auf die gleiche Art geschändet wie Selma Kiefer. Aber als Mann passt er nicht in Bichlers Mordmuster. Auf der Suche nach einer Verbindung zwischen den Morden stößt Katja auf einen Abgrund ärztlicher Selbstherrlichkeit. Und plötzlich ergeben die Verstümmelungen der beiden Toten einen ganz neuen, grausamen Sinn.
Die Spannung wird über das gesamte Buch aufrecht gehalten.Stück für Stück fällt ein Puzzleteil nach dem anderen.
Miika Nousiainen: Quality Time
Wieder einmal ein finnischer Autor, der auf höchst amüsante und teils skurrile Weise die Sorgen und Probleme von fünf jungen Finnen beschreibt.
Lebensnah und liebevoll schildert der Autor die Probleme seiner Protagonisten und nimmt daneben auch den Einfluss von Bloggern aufs Korn, die uns oft eine perfekte Seifenblasenwelt vorgaukeln, die aber in der Realität einfach nicht standhalten kann…
Ein sehr amüsantes, leichtes Lesevergnügen mit ernsten Untertönen.
Empfehlungen für den Monat Oktober 2021
Erich Kästner: Fabian
Die neue Verfilmung von „Fabian“ macht Erich Kästners Roman von 1931 wieder aktuell.
Jakob Fabian, ein junger Mann Anfang Dreißig, lebt im Berlin der 1920er Jahre und arbeitet als Werbetexter. Am liebsten möchte er alle Menschen in seinem Umfeld moralisch bekehren - besonders der Typus der Neuen Frau, die sich emanzipiert freizügig gibt, stößt ihm sauer auf. Bis er seine Nachbarin Cornelia kennenlernt, die in dem nüchternen, kühlen Mann so etwas wie Gefühle regen kann. Gerade, als Fabian dabei ist, Empathie für seine Mitmenschen zu entwickeln, nimmt das Schicksal jedoch eine andere Wendung…
Ein typischer Roman der Neuen Sachlichkeit, der aber aufgrund seiner einfachen Schreibweise auch heute noch sehr gut zu lesen ist.
Marjorie Kellogg: Sag dass du mich liebst, Junie Moon
In einem Krankenhaus lernen sich Junie Moon, Arthur und Warren kennen. Alle drei werden nie ein „normales“ Leben führen können, denn sie sind aufgrund ihrer Verletzungen oder Krankheit dazu verurteilt, Außenseiter zu sein. Aber die drei lassen sich nicht unterkriegen und beschließen, gemeinsam ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
Dabei geht es in dieser Geschichte in erster Linie nicht um die schwierige Bewältigung ihres Alltags, als vielmehr um ihre psychische Befindlichkeit, um alltägliche Dinge, die ihr Leben ausmachen, wie die unterschiedlichen Reaktionen Fremder auf Ihre Erscheinung oder das Angewiesensein auf fremde Hilfe.
Ungewöhnlich ist dabei der Stil, den die Autorin hier wählt: innere Konflikte und Befindlichkeiten der Protagonisten werden nicht ausführlich ausgebreitet, sondern mit wenigen Worten angedeutet und der Empathie des Lesers überlassen. Gerade aber diese dürre und sachliche Beschreibung hinterlässt beim Lesen einen tieferen Eindruck als wortreiche Ausführungen.